„Fehler sind nützlich, aber nur, wenn man sie schnell findet“, diese Erkenntnis hatte der britische Ökonom John Maynard Keynes bereits im 20. Jahrhundert. Um auf Dauer effektiv und effizient zu arbeiten, müssen wir immer wieder zurückblicken und die getane Arbeit kritisch bewerten. Deshalb ist eines der wichtigsten Grundprinzipien von Agilität „Inspect and adapt“: Stetige Verbesserung durch permanente Überprüfung. Ein Hilfsmittel im Rahmen von Scrum ist die Retrospektive. Was aber genau ist eine Retrospektive und wie läuft sie ab? Wir stellen hier die wichtigsten Bausteine dieses Meetings vor.

Die Macht der Retrospektive

Die Retrospektive bedient sich der Weisheit von John Maynard Keynes: Am Ende eines jeden Iterationsabschnitts (Sprint) findet mit allen Teammitgliedern ein Meeting – die sogenannte Retrospektive – statt. Das Meeting dient dazu, verborgenes Verbesserungspotenzial zu ermitteln, gemeinsam Fehler zu analysieren und Lösungen zu besprechen. Ziel einer Retrospektive ist es, gemachte Erfahrungen in den nächsten anstehenden Sprint einfließen zu lassen. Dabei stellt sich das Team folgende Fragen: Haben wir unser Sprintziel erreicht? Wie zufrieden sind wir mit dem Sprint? Wie können wir unsere Zusammenarbeit weiter verbessern?

Eine Retrospektive gliedert sich in folgende fünf Bausteine:

Set the Stage: Den äußeren Rahmen schaffen

Die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Retrospektive ist eine angenehme Atmosphäre. Deshalb muss sichergestellt werden, dass die Teammitglieder während des Meetings nicht von äußeren Faktoren gestört werden. Smartphones werden aus- oder zumindest stumm geschaltet. Alles, was in den folgenden 90 Minuten besprochen wird, verlässt den Raum nur unter Zustimmung der Mitglieder. Dieses Vertrauen ist absolut essentiell, damit auch kritische Punkte ernsthaft diskutiert werden können.

Gather Data: Jetzt werden Informationen gesammelt

In der zweiten Phase werden alle signifikanten Themen gesammelt, die die Teammitglieder beschäftigen und anschließend priorisiert. Dabei dient der vorangegangene Sprint als Betrachtungszeitraum. Was ist in den letzten Wochen passiert? Was ist vielleicht schief gelaufen, was hat perfekt geklappt? Gab es Überraschungen oder Hindernisse?

Generate Insides: Welche Erkenntnisse ziehen wir aus den Fakten?

Eine der wichtigsten Phasen der Retrospektive, denn nun werden die gesammelten Fakten nach Priorität analysiert und Ursachenforschung betrieben. Dabei wird auch festgehalten, welche Hindernisse (sogenannte Impediments) vom Team nicht beeinflusst werden können und deshalb an das Management adressiert werden müssen.

Define Action: Wie wollen wir weiter vorgehen?

Bevor die Retrospektive zum Abschluss kommt, werden Maßnahmen definiert. Nun muss das Team entscheiden, welche Schlussfolgerungen für die kommenden Sprints gezogen werden. Eine beliebte Möglichkeit ist die „Starfish“-Methode: Was will das Team auf jeden Fall beibehalten (keep)? Von was benötigen wir mehr (more)? Von was weniger (less)? Womit müssen wir auf jeden Fall beginnen (start)? Und womit müssen wir aufhören (stop)? Am Ende stehen klare Verhaltensregeln und konkrete Maßnahmen für die weitere Zusammenarbeit.

Close Retrospective: Zeit für Feedback

Am Ende der Retrospektive wird noch einmal überprüft, ob alle Erkenntnisse schriftlich festgehalten und die nächsten Schritte definiert sind. Darüber hinaus haben die Teammitglieder Gelegenheit dazu, Feedback zur Retrospektive zu geben.

Die Retrospektive ist immer time-boxed, bei einem zweiwöchigen Sprint endet sie üblicherweise nach 90 Minuten. Im klassischen Fall wird sie vom Scrum Master moderiert. Er achtet darauf, dass alle Teammitglieder zu Wort kommen und auch jeder Gehör findet.

Vielleicht hast du nun selbst Lust bekommen, in deinem Team eine Retrospektive durchzuführen? Du wirst erstaunt sein, wie unterschiedlich die Wahrnehmungen der einzelnen Teammitglieder teilweise sein können und welch kreative Ideen plötzlich aus bisher zurückhaltenden Mitarbeitern heraussprudeln.

Wenn du noch Ideen zur Durchführung einer Retrospektive suchen, dann schau doch beim Retromat vorbei. Hier findest du eine Vielzahl von Anregungen, so dass deine Retro garantiert erfolgreich wird.

Quellen:

Agile Retrospectives: Making Good Teams Great. By Esther Derby and Diana Larsen. Pragmatic Programmers, 2006

Erfolgreiche Retrospektiven: Ablauf, Regeln, Methoden, Judith Andresen, 2013