Mehrstufiger Vertrieb vs. Direktvertrieb - oder wie beides funktioniert

Die Ansprüche, die ein Benutzer als Privatkäufer im B2C-Handel hat, wecken gleiche Erwartungshaltungen gegenüber dem B2B-Handel. Wer diese Erwartung im B2B-Umfeld erfüllt, erhält über diesen Vertriebsweg zufriedene Entscheider, Einkäufer und motivierte Vertriebspartner – und generiert damit mehr Umsatz und Profit.

Vernetzte Services und reibungslose Datenaustausch- und Bestellprozesse für B2B-Kunden sind aus Sicht eines Herstellers erfolgsentscheidend. Wer sich allerdings direkt an die eigentlichen Endkunden wendet, könnte seine mehrstufigen Vertriebskanäle nicht nur erweitern, sondern auch den Zugang für den Endkunden verkürzen. Der Hersteller kann direkt mit seinen Endkunden agieren, was wiederum für beiden Seiten zusätzliche Werte und Nutzen schafft. Beim Thema Direktvertrieb kommen für den Hersteller Herausforderungen ans Tageslicht, deren Bewältigung zwar nachhaltig und zukunftssichernd für das Unternehmen ist – deren Lösung jedoch nicht lapidar ist. Ein wesentlicher Grund für den Vertrieb über den Handel war schließlich, dass man genau diese Herausforderungen auslagern, umgehen und auf andere Erfüllungsgehilfen im Vertriebsprozess übertragen wollte.

Einige gute Gründe, Ideen und Beispiele, wie das Ganze für Hersteller, bestehende Vertriebspartner-Strukturen und den Endkunden funktionieren kann und wie diese im raschen Lauf der Zeit positiv reifen können, betrachten wir in diesem Artikel.

Das Überleben der Stärkeren

Zum Thema Direktvertrieb für Hersteller passt die Umsetzung des eigenen B2C Shops unseres Kunden Olymp Bezner KG. Modebewusste Endkunden können jetzt Olymp-Qualität nicht nur über Handelspartner und im lokalen Olymp-Stores einkaufen, sondern auch online direkt beim Hersteller. Olymp hat erkannt, dass Multi-Channel sowohl Vertrieb als auch in der Kommunikation von zunehmender Bedeutung ist. Alle Onlineaktivitäten und Fulfillment-Prozesse hat sich Olymp mit großem Erfolg ins Haus geholt und betreibt den Shop nun in Eigenregie – von der Vermarktung bis hin zum Versand und dem Retouren-Management.

„Die ersten zwei Monate haben wir in den Büchern“ sagte Mark Bezner, Geschäftsführer von Olymp dazu in einem Interview für die Zeitschrift Werben & Verkaufen: „Wir liegen sehr deutlich über dem Vorjahr und signifikant über dem Businessplan. Aber es war auf jeden Fall eine richtige Entscheidung, den Onlineverkauf ins Haus zu holen. Wir wollen schließlich internationaler werden. Unser Partner war nicht bereit, über die deutschsprachigen Märkte hinaus zu investieren und den Erfolg zu multiplizieren, den wir in weiteren Ländern bereits haben. Wir erwarten uns deutlich mehr und wollen größere Schritte gehen.“

Mit dem eigenen, mehrsprachigen B2C-Shop hat sich Olymp alle Omni-Channel-Optionen in Verbindung mit den Local-Stores für die Zukunft eröffnet. Innerhalb eines halben Jahres wurde das Projekt mit großem Erfolg realisiert und sehr schnell wurden die Waren über den eigenen Marken-Shop in sechs Länder verschickt.

Als Hersteller alle Vertriebschancen nutzen und langfristig Marktanteile durch Direktvertrieb sichern

Während 2016 lediglich 27 % aller verarbeitenden und herstellenden Unternehmen ihre Waren digital über Online-Vertriebswege, wie z.B. E-Shop, Apps oder EDI vertrieben, hat sich die Zahl aktuell fast verdoppelt. Händler haben das D2C Potential erkannt und die Corona-Krise hat zusätzlichen Handlungsdruck generiert. Ob B2B oder B2C: Das operative Tagesgeschäft frisst durch mangelnde Ressourcen und fehlendem Know-how permanent Chancen für die strategische Neuausrichtung auf. Umfangreiche Datengrundlagen, die nötige technische Infrastruktur, Logistik und Fulfillment-Prozesse können zudem die wenigsten selbst umsetzen.

Aber genau hier liegt die Chance, ein Vorreiter innerhalb seiner Branche zu werden und Vorsprung auszubauen: durch Digitalisierung von B2B-Vertrieb/B2B-Marketing im Zusammenspiel mit B2C-Direktvertrieb und Endkunden-Marketing.

Der Weg ist das Ziel

Errichten Sie beispielsweise zuerst Online-Vertriebskanäle für spezielle einzelne Produktsparten. So könnte ein Ersatzteil-Markt oder ein Gebrauchtwaren-Markt ein guter Start sein, um Business-Kunden durch Online-Services an sich zu binden. Indem Sie Ihren Geschäftspartnern über ein Kundencenter Einsicht in Bestellungen und Verträge geben, vereinfachen Sie B2B-Kaufprozesse - so wie es auch in jedem B2C-Shop Realität ist. Mit einfachen, digitalen Services machen Sie Ihren Businesskunden das Leben leichter und sichern Sie sich treue und loyale Abnehmer.

Wenn Sie hingegen mit D2C an den Endkunden starten wollen, sollten Sie sich von Ihren Vertriebspartnern durch besondere Inhalte, Services und Support rund um Ihre Produkte abheben. Produkte, die exklusiv und direkt über Ihrem Shop bestellbar sind, rechtfertigen evtl. Mehrpreise gegenüber dem Endkunden und Sie konkurrieren auf dieser Ebene nicht mit Ihren Vertriebspartnern.

Oder bringen Sie selbst Ihre B2B-Abnehmer und den Endkunden zusammen: Interessierte Endkunden, die sich bei Ihnen online über Ihre Produkte informieren, könnten sie direkt mit passenden Dienstleistern vor Ort zusammenbringen (Beispiel: Sanitär- Heizungs- und Klimatechnik-Branche bei der nötigen Installation der Produkte). Ihre Vertriebskanäle crossmedial zu vernetzen, verschafft allen Beteiligten Komfort und Vorteile. Je nach Ausgangsposition und Hersteller-Branche gibt es viele Facetten, die es zu beachten gilt, aber auch viele Chancen.

Die folgenden Grundlagen für die Digitalisierung und Optimierung Ihres Vertriebes/Marketings – sowohl an B2B-Abnehmer als auch für einen möglichen B2C-Direktvertrieb – sind unumgänglich:

1. Informationen, Systeme und Datenaustausch – Fundamente schaffen für B2B E-Commerce (B2B-Online-Shop, Field-Force-App für den Außendienst, per EDI, Transaktionsdaten, Klassifikationen):

Hersteller sind mit unterschiedlichen Übertragungswegen und Prozessen für den elektronischen oder gar manuellen Datenaustausch von Produkt- und Transaktions-Informationen ihrer Partner konfrontiert. Es gibt unterschiedliche Einkaufsbedingungen und Konditionen und eventuell auch unterschiedliche Produkt-Portfolios, die abgebildet werden müssen.

Product Information Management kann nicht nur die benötigten Produkt- und Marketinginformationen händlerspezifisch und ohne Mehrfachpflege vorhalten und in verschiedene, benötigte Formate ausspielen, sondern die Datengrundlage für einen B2B-Online Shop bilden, der mandantenfähig und mit individuellen Händler-Logins als zusätzlicher Absatzkanal fungieren kann. Außerdem ist der jeweilige Umfang von marketingrelevanten Produktbeschreibungen flexibel in PIM-Systemen konfigurierbar. Bestehende ERP-Systeme können als führende Systeme zwischen PIM und Shop agieren. Mit einem B2B-Shop für Ihre Händler bieten Sie eine neue attraktive, webbasierte Einkaufsalternative, die auch für neue Vertriebspartner und B2B-Einkäufer interessant sein kann.

Für B2C-Direktvertrieb (eigener Online-Shop, VIP-Shop oder Einkaufs-App):

Die Haupt-Unterschiede zum B2B-Commerce liegen bei unterschiedlichen Gebinden, der Vertragsgestaltung und Verifikation von Geschäftskunden sowie der Berücksichtigung von Handelsgesetzen. Die angebotenen Produkte und Produktinformationen bleiben für B2C weitgehend gleich. Digitalisierung im B2B bedeutet also, dass die meisten technischen Voraussetzungen auch als Blaupause für den B2C-Direktvertrieb genutzt werden können.

Für B2C und B2B:

Alle Bemühungen dienen Ihrem Endkunden. Die einzelnen Kanäle sollten nicht gegeneinander konkurrieren, sondern sich sinnvoll ergänzen. Mit geeigneten Handelspartnern und einer Cross-Channel-Experience über alle Vertriebskanäle bieten Sie dem Verbraucher ein einzigartiges Einkaufserlebnis und profitieren als Hersteller und Händler gleichermaßen.

Ideen für eine Cross Channel Experience:

  • Vermittlung von Handelspartnern und nötigen Dienstleistern wie Finanzierungs- oder Leasing-Dienstleistungen
  • Unterstützung bei der Installation und dem Betrieb des Produktes vermittelt werden
  • Weitere Services können Channel-übergreifende Reklamation und Umtausch sein
  • Beim Hersteller bestellen und im regionalen Handel abholen. Das generiert erfahrungsgemäß Zusatzkaufe beim Händler
  • Umfangreicheren Produktauswahl nur vom Hersteller: zusätzliche Größen, Formen und Produkt-Variationen anbieten
  • Besondere Produkte und Editionen, die nur im Hersteller-Shop verfügbar sind
  • Als Hersteller fairerweise auf den besten Preis bei seinem Händler verweisen

Grundsätzlich kann man sagen, dass vor allem kundenzentrierte Ideen und Maßnahmen das Dilemma von Herstellern sowie dem Groß- und Einzelhandel im heutigen digitalen Wandel lösen und beide erfolgreicher machen.

2. Dienstleisterauswahl und eigenes Know-how – das richtige Team

a. Es müssen zielführend Datengrundlagen geschaffen werden, Schnittstellen entwickelt und systemübergreifende Prozesse eingerichtet oder optimiert werden.

Als Fullservice Agentur realisieren wir Ihre digitale Transformation und begleiten Sie auf Ihrem Weg zum digitalen Profi: Neben der schnellen Bereitstellung eines E-Shops zur Verfügung, kümmern wir uns parallel um Ihr Online-Marketingpotential, um kanalübergreifend nutzbare Produktinformationen, um stabile Performance, zukünftige Skalierbarkeit und Fulfillment.

b. Bauen Sie intern eigenes Know-How auf und erlangen Sie wieder die Hoheit über Ihre Daten und über Kundeninformationen. Eine Webanalyse über Ihre eigenen Online-Aktivitäten hilft, um Insights und Daten über Ihre Zielgruppen und Kunden zu generieren.

c. Bringen Sie Marketing, Vertrieb und Technik in Ihrer Organisation zusammen, denn konventionelles Marketing hat ausgedient. Heutzutage müssen Marketing und Vertrieb vielschichtige digitale Skills beherrschen und virtuos eine stetig wachsende Anzahl von Kanälen, Suchmaschinen, Agenten und zukünftig sogar künstliche Intelligenzen mit geeigneten Informationen füttern, um Ihre Zielgruppen zu erreichen.

d. Konsolidieren Sie das Know-how im Unternehmen und nehmen Sie für Ihre digitalen Projekte alle involvierten Mitarbeiter ins Boot: Auch die Buchhaltung kann zielführende Einblicke geben, wie man die Kundenzufriedenheit steigern kann.

e. Binden Sie als Hersteller Ihre Vertriebspartner mit ein und überzeugen Sie diese durch die Entwicklung einer gemeinsamen E-Commerce Strategie, die allen Beteiligten und Zielgruppen Vorteile, Ersparnisse und Zusatznutzen ermöglichen.

f. Stellen Sie Ihre bisherigen Vertriebs-Partnerschaften auf den Prüfstand. Wer sich den neuen Marktgegebenheiten nicht stellen will, ist vielleicht nicht mehr der richtige Partner für die Zukunft. Diese Händler begehen dann oft dieselben Fehler wie der gebeutelte Einzelhandel.

Digital ausgerichtete Konkurrenten des klassischen Großhandels bringen umfangreiche Erfahrungen im digitalen Geschäft mit und haben dadurch einen digitalen Wissens- und Infrastrukturvorsprung und verfügen über hohe Logistikkompetenzen. Sie haben das Vermögen, Wertschöpfungsketten der Großhändler zu disruptieren, deren Hauptfokus auf E-Procurement und nicht auf E-Commerce liegt.

Allein die Existenz des konkurrierenden Onlinehandels ist nicht die Gefahr für den Großhandel, über den Sie als Hersteller verkaufen. Vielmehr sind Großhändler oft zu simplen Warenschiebern geworden, die den Endabnehmern keine Alleinstellungsmerkmale, attraktiven Services, Support und Mehrwerte liefern. Auf diese Herausforderungen muss der „klassische“ Großhandel zügig reagieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben – das größte Risiko liegt darin, diese Potenziale nicht zu nutzen.

3. Die Marktansprache hat sich geändert – bleiben Sie relevant

So bauen Sie Ihre Online Marketing-Kompetenz schrittweise auf:

a. SEO ist dabei ein essenzieller Bestandteil, da der Kanal Search wichtig bei der Informationsbeschaffung Ihrer Kunden ist. Hier müssen Sie relevant und sichtbar sein. Search Engine Advertising SEA unterstützt zusätzlich, um schneller ROI und Skalierung im Online-Marketing zu erzielen. Aber auch hier gilt: Exzellentes SEO und guter Content ist ausschlaggebend für performantes Advertising im Internet.

b. Begeistern Sie durch relevanten Content.
Bieten Sie umfassende und leicht erreichbare, digitale Produktinformationen für Vertriebspartner und Endkunden an: Maße, Daten, Beschreibungen, Ersatzteillisten, Zubehör, Einsatz-Beispiele, Tipps und Hinweise, Erfahrungen von Kunden, Wissenswertes, Historisches, Ungewöhnliches oder auch Witziges.

Sie und Ihre Anwender wissen am besten über Ihre Produkte Bescheid und haben bestimmt großartige Ideen, was man damit alles machen kann. Das begeistert potenzielle Kunden noch mehr, als den besten Preis.

c. Erstellen Sie eine Content Strategie und denken Sie über die Nutzung geeigneter Social-Media-Kanäle nach. Indem Sie Ihre Inhalte über Social Media bewerben, steigern Sie Sichtbarkeit und Reichweite.

d. Modellieren und analysieren Sie die digitale Customer Journey Ihrer Kunden. Wo informieren diese sich und welche Fragen stellen sie? Welche Informationen hat der Kundendienst? Was sagt meine Webanalyse über Suchphrasen und Verhalten und Absichten meiner Interessenten aus? Welche Verbesserungswünsche haben Ihre Kunden? Wie setzen Kunden Ihre Produkte ein – und erzählen sie selbst davon? Machen Sie diese Kunden zu Ihren Botschaftern.

All das liefert Ideen für relevanten Content, der Ihre Marke im gesamten Kaufprozess nachhaltig sichtbar macht und von der Konkurrenz abhebt.

Fazit:

Zukunftsorientierte Vertriebs- und Marketingmethoden gehen weit über den mehrstufigen Vertrieb hinaus. Aber bitte behalten Sie bei aller Digitalisierung den Kunden und seine Bedürfnisse im Blick. Zusammengefasst zählen - unabhängig von B2B und B2C - folgende Prinzipien:

„To be or not to be“ hängt für Hersteller, Großhändler und für den Einzelhandel in der Zukunft davon ab, ob Sie Ihren Kunden ein Mehr an Vielfalt, Information, Service und Nutzen anbieten können - um diese zu gewinnen und langfristig zu binden.